· Pressemitteilung

HAZ-Bericht „Damit auch im Notfall keine Stille herrscht“

Die Hildesheimer Allgemeine Zeitung hat in ihrer Ausgabe vom 27.05.2025 über die gemeinsame Notfunkgruppe des DRK und des DARC berichtet.

Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung. Wir bedanken uns für die Erlaubnis, den Text hier bereitzustellen.

Damit auch im Notfall keine Stille herrscht

Amateurfunker wollen in Sarstedt und Umgebung ein Notfunk-Netzwerk aufbauen

Von Jan Linkersdörfer

Kreis Hildesheim. Wenn Mobilfunk und W-Lan-Netzwerke zusammenbrechen – bei einem Stromausfall zum Beispiel – gehören sie zu den Letzten, die noch mit der Außenwelt kommunizieren können: Funkamateure. Teilweise als Nerds belächelt, können sie im Krisenfall mit ihrer nicht selten selbst gebastelten Technik Informationen austauschen, die unter Umständen Leben retten.

Damit das auch in Sarstedt und dem übrigen Landkreis Hildesheim reibungslos funktioniert, haben sich Funkamateure und -experten des Deutschen Roten Kreuzes, darunter auch ein Sarstedter, zusammengetan: Sie wollen die Notfunk-Infrastruktur in der Region ausbauen. Dafür werben sie um Unterstützung. Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei und auch die Bundeswehr – also „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“ (kurz: BOS) – kommunizieren verschlüsselt und nicht-öffentlich über den digitalen BOS-Funk auf der Ultrakurzwelle. „Die Behörden planen, wie sie im Ernstfall ihre Kommunikation und damit die staatliche Ordnung aufrecht erhalten können“, erklärt der Sarstedter Fabian Lochmann, technikverliebter Experte für IT-Sicherheit, lizenzierter Funkamateur und DRK-Mitglied. „Für die Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger jedoch sind sie nicht verantwortlich.“

Und auch der BOS-Funk sei nicht unfehlbar. Hier wollen Lochmann und seine Kollegen Tobias Schwalm und Heiko Stillahn, DRK-Kreisbereitschaftsleiter, jetzt eine Brücke schlagen. „Wir stellen sicher, dass wir auch im Notfall weiter kommunizieren können“, sagt Schwalm und erinnert an die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 mit mindestens 135 Toten. „In solchen Situationen können Funkamateure unterstützen, indem sie die Arbeit von Freiwilligen koordinieren.“ Aber auch bei Stromausfällen kann Funktechnik den Austausch von Informationen weiterhin gewährleisten. „Mobilfunkmasten haben vielleicht für zwei Stunden Reservestrom, die Feuerwehr kommt auf etwa zehn Stunden. Wenn dann nicht keine Notstromversorgung eingerichtet ist, sieht es düster aus.“

Der Amateurfunk jedoch sei dezentral aufgebaut und dank stromsparender Technik und langlebigen Akkus oft noch deutlich länger sende- und empfangsfähig. Das hat auch das DRK in Hildesheim erkannt. Deswegen wurde der Funkraum des Zentrums für Bevölkerungsschutz an der Louise-Cooper-Straße jüngst auch um traditionelle, analoge Funktechnik erweitert. „Im Krisenfall gilt es, die Lage immer im Blick zu haben“, sagt Heiko Stillahn. „Da können Funkamateure einen großen Beitrag leisten.“

Mitte Mai startete das DRK aus Hildesheim eine unangekündigte Funk-Übung und sandte eine Nachricht aus. „Uns haben 30 Kontakte in einem Radius größer als 50 Kilometer empfangen und gehört“, berichtet Schwalm. „Es ist im Notfall wichtig zu wissen, was in der näheren Umgebung vorgeht.“

Aktuell baut das Hildesheimer DRK-Team deswegen auch in Eigenregie Notfunk-Koffer mit leistungsfähigem 16-Stunden-Akku zusammen. Ihre Bedienung soll kinderleicht sein: Einmal an eine Antenne angeschlossen, verbindet sich so ein Koffer automatisch mit anderen Koffern in Sichtweite und baut ein Netzwerk auf. Über einen klassischen Telefonhörer können die anderen Koffer im Netzwerk angewählt werden. Und auch Daten lassen sich so übertragen. Kosten pro Koffer: Etwa 500 Euro. Diese Funkkoffer könnten im Ernstfall auch an zivile Helfer ausgegeben werden, sagt Stillahn.

Unterstützt und koordiniert wird der Notfunk-Netzausbau auch vom Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC). Oliver Schlag ist dort Bundesreferent für Not- und Katastrophenfunk. „Unsere Infrastruktur in Deutschland ist vulnerabel“, sagt Schlag. Das hätte nicht zuletzt der Hackingangriff auf die Satellitenkommunikation 2022 gezeigt, in dessen Folge unter anderem die Steuerung von Windkraftanlagen in Europa massiv gestört wurde. Der DARC, in dem aktuell rund 35.000 Funkamateure organisiert sind, wolle auch deswegen eigene Strukturen aufbauen. Der Verein verstehe sich außerdem als Schnittstelle zwischen den Funkamateuren und den Behörden, so Schlag. Allerdings: Auch wenn immer mehr Verantwortliche die Notwendigkeit von Notfunk-Infrastruktur erkannten, sei die öffentliche Förderkulisse noch „stark ausbaufähig“.

Deswegen nehmen in Deutschland viele Funkamateure- und Experten das Ruder selbst in die Hand: Lochmann, Schwalm und Stillahn sind dabei immer auf der Suche nach Mitstreitern. Ganz konkret wollen sie auf hohen Gebäuden oder Konstruktionen kleine Antennen anbringen, die Funksignale verstärken und die Reichweite von Netzwerken vergrößern können. Ein zentraler Begriff ist hier das sogenannte Hamnet (Highspeed Amateurradio Multimedia Network) – „eine Art Internet der Funkamateure“, beschreibt Schwalm es. Hierüber kann nicht nur kommuniziert, sondern auch Dateien versendet werden.

Der Kreis Hildesheim sei, was das Hamnet angeht, noch so etwas wie „das Bermuda-Dreieck“ – also nicht sonderlich gut ausgebaut. Das wollen sie ändern. Die Antennen, die sie anbringen wollen, sind nicht groß, vielleicht 30 bis 40 Zentimeter lang. Konflikte mit Mobilfunkanbietern gebe es nicht, weil die ganz andere Frequenzen nutzten, sagt Lochmann. Und: Die Antennen werden über den DARC versichert, so dass den Hausbesitzern bei einem Unfall kein finanzieller Schaden droht. „In normalen Zeiten denkt niemand daran, was alles passieren könnte“, sagt Fabian Lochmann.

„Wir wollen uns vorbereiten.“ Deswegen versuchen sie, nicht nur Brücken in die Politik zu schlagen, sondern auch die Menschen aus dem Kreis Hildesheim für das Thema zu sensibilisieren und für ihre Sache zu gewinnen. Egal, ob für den Aufbau von Antennen oder das Zusammenbauen von Notfunk-Koffern: „Wir brauchen Unterstützung in unterschiedlichsten Bereichen.“ Wer mit den Funkern in Kontakt treten möchte, kann das über notfunk@drk-hildesheim.de tun.